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Gewichtsreduktion ohne Pendeltest ?

Posted: 7. December 2008 20:34
by GER 110
Von Harry Eder erhielt ich die freundliche Erlaubnis zur Veröffentlichung der u.a. Email.

Harry weist darauf hin,

- dass es dazu einer abänderung der klassenvorschriften geben müsste, da darin der pendeltest genau festgehalten ist.
- dieser vorschlag könnte nur für bestehende bootsvermessungen gelten.
- diese berechnung stellt lediglich einen vorschlag dar um das problem zu vereinfachen. selbstverständlich müsste alles von der IFA abgesegnet werden.



hallo *****,
danke erst einmal für die info,
nachdem ich beruflich etwas vorbelastet bin habe ich mir darüber auch gedanken gemacht .

es besteht rechnerisch die möglichkeit, bei reduktion des gewichtes auf 116 kg und künftiger verwendung des neuen kompasses den unveränderten schwerpunkt bei neuer situation rechnerisch nachzuweisen.

dies würde eine wesentliche vereinfachung des procederes für den einzelnen bedeuten, da der pendeltest nicht durchgeführt , und nur die korrektur und neupositionierung der reduzierten ausgleichsgewichte durch einen vermesser durchgeführt werden müsste, was die angelegenheit wesentlich vereinfacht. - die anerkennung dieser methode vorausgesetzt !
diese möglichkeit besteht jedoch nur bei all jenen booten, bei denen ein pendeltest anlässlich der erstvermessung bereits durchgeführt wurde und der bestehende schwerpunkt ( abstand von 0 ) , sämtliche gewichte und deren verteilung bekannt ist.

wenn interesse besteht stelle ich die entsprechenden formeln und ein musterbeispiel zur prüfung und diskussion zur verfügung. vielleicht vereinfacht sich dann vieles .
grüsse vom traunsee
harry eder

Gewichtsreduktion ohne Pendeltest ?

Posted: 8. December 2008 12:32
by GER 110
Kommentar - Uwe - GER 110
Stand: 10.12.08 - 12:00 h

Der Gewichtsschwerpunkt des Finns soll zwischen 2100 und 2290 liegen, der Trägheitsradius (radius of gyration p) soll mindestens 1100 mm betragen.

Befinden sich die zu entfernenden Gewichte (Kompass + Ausgleichsgewichte) innerhalb des Trägheitsradius, d.h pi mal Daumen in dem Bereich 1100 bis 3200, dann führt deren Entnahme zu einer Vergrösserung des Trägheitsradius und wir befinden uns weiterhin im grünen Bereich.
lambo-4.jpg
Nach Herausnahme des Kompasses und Reduzierung der Ausgleichsgewichte (zusammen 3 kg) müssen wir die neuberechneten Ausgleichsgewichte also nur noch so positionieren, dass der "alte" Gewichtsschwerpunkt wiederhergestellt wird.

Es müsste also nicht gependelt werden, um sicherzustellen, dass der Mindest-Trägheitsradius eingehalten wird.
Stattdessen müssten lediglich Gewicht und Lage der Ausgleichsgewichte neu berechnet werden.

Leider lassen die Finn Class Rules dieses Verfahren bisher nicht zu.


Beispiel:

Vorher:
4 kg Blei - 100 mm vor Gewichtsschwerpunkt ................... 400 kgmm
1,5 kg Kompass - 800 mm vor Gewichtsschwerpunkt ...........1200 kgmm
-----------------------------------------------------------------------------------
......................................................................1600 kgmm

Das Boot befände sich also auf dem Gewichtsschwerpunkt im Gleichgewicht, wenn wir Kompass und 4 kg-Gewicht durch ein 1,6 kg Gewicht ersetzen würden, welches 1 m vor dem Gewichtsschwerpunkt zu platzieren wäre.

Wie die folgende Rechnung zeigt, könnten wir auch ein 2,5 kg Gewicht (Ausgleichsgewicht nach 3 kg Gewichtsreduktion) 64 cm vor dem Gewichtsschwerpunkt platzieren. um Gleichgewicht herzustellen.

Nachher (5,5 kg abzüglich 3 kg= 2,5 kg):

2,5 kg * X = 1600 kgmm

X = 1600 / 2,5 kg

X = 640 mm

Wir müssen also nach 3 kg Gewichtsreduktion
2,5 kg Blei - 640 mm vor dem ursprünglichen Gewichtsschwerpunkt anbringen, um diesen wiederherzustellen.


Achtung:

Sollten sich Ausgleichsgewichte ausserhalb des Trägheitsradius (also sehr weit vorn oder hinten) im Boot befinden, so dürfen diese nur reduziert werden, wenn auch in der Bootsmitte adäquate Gewichte entfernt werden, da das Boot sonst den Pendeltest nicht bestehen würde.
In diesen Fällen müsste rechnerisch ermittelt werden, dass der Trägheitsradius nach Gewichtsenentnahme mindestens 1100 mm beträgt.

Uwe - GER 110

Re: Neue Vermessungsbestimmungen

Posted: 9. December 2008 13:02
by Für Harry Eder
liebe finnfreunde,
durch die neuen vermessungsbestimmungen (gewichtsreduktion , tactic compass) sind lebhafte diskussionen entstanden. will man sein finn auf das neue minimumgewicht und den e-compass umrüsten.

das aufwändigste dabei ist der pendeltest, da nur wenige einrichtungen dafür vorhanden sein sollen . ( ausnahmen gibt es für bestimmte schwerpunktlagen )

am meisten betroffen von den pendeltest sind die devotis, deren schwerpunkt bei fast allen booten bei 2100 mm liegt und das sind mehrere tausend !

als techniker habe ich mir die mühe gemacht und entsprechende berechnungen angestellt, die einerseits die gewichtsreduktion und den neuen taktickompass zulassen und andererseits den alten schwerpunkt unverändert lassen würden. Ich lege die berechnungsformeln einschliesslich parallelgeführtes Rechenbeispiel bei.

[...]

weist in jedem fall darauf hin , dass es sich dabei nur um einen vorschlag handelt der unbedingt von der IFA geprüft , abgesegnet und in den klassenregeln verankert sein muß !!!!

freundliche grüsse vom traunsee
harry eder AUT 3

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Harald Eder

Umrechnungsverfahren für neue Gewichtssituation ( 116 kg ) und Umbau auf elektronischen Kompass
S25C-108121008260_0001z.jpg
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Re: Neue Vermessungsbestimmungen

Posted: 10. December 2008 01:54
by GER 110
Kontrolle des von Harry Eder ermittelten Ergebnisses durch einen anderen Rechenansatz :

Vor Gewichtsreduktion
2 kg * -186 cm = -372 kg cm = P1 [186cm = Abstand vom Gewichtsschwerpunkt, der bei 210 liegt]
2 kg * -127 cm = -254 kg cm = P2
1 kg * -6 cm= -6 kg cm = P3
1,75 kg * 96 cm= 168 kg cm = PK
-----------------------------
Summe = -464 kg cm

Nach Gewichtsreduktion muss die Summe der aus Gewichten und Hebelarm gebildeten Kräfte ebenfalls -464 kg cm betragen

1 kg * -6 cm = -6 kg cm = P3 (wie bisher)
0,15 kg * 96 cm = 14,4 kg cm (neue Kompasshalterung)

2,5 kg * x cm = -464 + 6 - 14,4 = -472,4

X = - 472,4 kg cm / 2,5 kg = -188,96 cm

Lambda - X = 210 - 188,96 cm = 21,04 cm

Das 2.5 kg Gewicht muss also 21,04 cm vom Heck entfernt angebracht werden.

Harry's Rechenansatz ergab 20,88 cm.

Die Abweichung um 1,6 mm beruht auf Rundungsabweichungen in Harrys Rechengang.

Re: Neue Vermessungsbestimmungen

Posted: 10. December 2008 17:14
by GER 110
GER 110 wrote: Das 2.5 kg Gewicht muss also 21,04 cm vom Heck entfernt angebracht werden.

Harry's Rechengang ergab 20,88 cm.

Die Abweichung um 1,6 mm beruht auf Rundungsabweichungen in Harrys Rechengang.
Rechnen wir Y nicht mit 214,13 sondern ungerundet mit 214,12627
dann ergibt sich in Harry's Gleichung auf Blatt 4:

210 * 116,1 = 112,45 * 214,1262783459 + 1 * 2,04 + 2,5 * a1neu + 0,15 * 306

24381 = 24078,50 + 204 + 2,5 * a1neu +45,9

(24381 - 24078,50 - 204 - 45,9) : 2,5 = a1neu

52,6 :2,5 = a1neu

a1neu = 21,04 cm

Somit führen offenbar beide Rechenansätze zu dem gleichen Ergebnis

Re: Gewichtsreduktion ohne Pendeltest ?

Posted: 3. January 2009 18:13
by GER 110
Den Niederländischen Devoti-Seglern liegt übrigens ein Angebot von Devoti und Hit-Masts vor, die Finns in Polen umbauen und pendeln zu lassen.

Umbaukosten + Vermessung 380 EUR (ohne Steuer) einschliesslich Montage eines Tacktick-Kompasses (a' 300 EUR)

Transport nach Polen 250 EUR (ohne Steuer) per Boot.

http://www.finn-sailing.nl/

Re: Gewichtsreduktion ohne Pendeltest ?

Posted: 14. January 2009 17:36
by schoopi
Hier ist das Angebot von Devoti

http://www.devotisailing.com/news.php

Upgrade your current Devoti Finn to the New Class rules

Would you like to be competitive against brand new boats, built on New Class rules?
We offer new electronic Micro TackTick compass installation and boat remeasurement incl.new lamboley test to 116kg hull for 380 EUR, excl.VAT and costs of transportation to our factory. For more details don't hesitate to contact Martin.17.12.2008



und hier ein ähnliches Angebot von Pata:

http://www.patafinn.hu/index.php?option ... tid=3:news

Boat update to NEW RULES
We would like to inform our customers and all sailors that the Boatyard continuously making the "old boats" update, according to the NEW CLASS RULES!
The prices of the update are...

- Replacement of the analog compass to Tacktick Digital MicromCompass (T060) - 1,1kg 300 €

- Cutting off from the centerboard - 1-1,2kg 80 €

- Cutting off from the gunwhale (only possible at the older boats) - 0,4kg 50 €

- Leads take out
20 €/ kg

- Remeasurement according to the new rules (Lamboley and weight)
100 €


We are look forward to your interest!

Re: Gewichtsreduktion ohne Pendeltest ?

Posted: 4. February 2009 00:50
by GER 110
Betr.: Walter Mai's Kommentar zu Harry Eders Vorschlag

Walter Mai spricht vollkommen zu Recht von drei Werten, die im Zusammenhang mit der Gewichtsverminderung von Belang seien und führt die folgenden Punkte auf:

1. (statisch) Lage des Schwerpunktes lateral ....

2. (statisch Lage des Schwerpunktes vertikal .....

3. (dynamisch) Der wichtigste Wert sei der Massenträgheitsradius .....
.... für den in der Praxis nur der Pendeltest in Frage komme.

Walter kommt zu dem Schluss, dass Harry nur einen Teil des Problemes - nämlich die laterale Lage des Gewichtsschwerpunktes - erschlage

Meine Sichtweise ist eine andere:

1. Im Gegensatz zu Fluggeräten, deren Führung und Berechnung eine ausserordentliche Präsision erfordern, da sonst ein Absturz droht, passiert unserem Schiffchen doch gar nichts, wenn wir bei der Gewichtsreduktion primär den Gewichtsschwerpunkt betrachten und uns ggf. mit einem Trägheitsradius zufriedengeben, der nicht auf den Zentimeter genau optimiert ist.

Diese Betrachtungsweise liegt doch auch der Ausnahmeregelung A.15.7 (siehe unten) zugrunde, die für die Entfernung des Kompasses aus dem Bereich 1000 bis 2100 mm gilt.
In diesem Falle wird es sogar hingenommen, dass der Trägheitsradius sich wesentlich stärker durch die mittschiffs entnommene Masse verschlechtert.

2. Harry Eder geht m.E. zu Recht davon aus, dass sich der Trägheitsradius nur geringfügig verschlechtert, wenn wir den in der Nähe des vorderen Poles befindlichen Kompass (Vorderseite Schwertkasten) entfernen und zum Ausgleich dem Heckbereich ebenfalls ca. 1,5 kg Gewicht entnehmen.

3. Wer's genauer haben möchte, braucht keineswegs zu pendeln, sondern kann - wie das Rechenbeispiel Dr. Schoop's beweist - auch den Trägheitsradius errechnen und sich durch ein iteratives Verfahren an die optimale Verteilung der Gewichte heranarbeiten.

4. Die Bestimmung des lateralen Schwerpunkts ist ebenso einfach, wenn die vertikale Lage unserer Ausgleichsgewichte in unserem Messbrief - wie es die Class Rules vorschreiben - bsw. als Entfernung zum Schandeck eingetragen ist. Nach der gleichen Methode, die von Dr. Schoop für die Bestimmung des lateralen Schwerpunktes angewandt wurde, kann nämlich auch die vertikale Schwerpunktlage berechnet werden.

Fazit:
Gewichtsreduzierung ohne Pendeltest wäre möglich. Ich fürchte nur, dass es sich bei IFA und ISAF um zu schwerfällige Institutionen handelt, um den Vorschlag rechtzeitig umzusetzen.
Ich halte Harry's Idee jedoch dafür geeignet, den Pendeltest ganz erheblich durch eine vorherige, rechnerische Ermittlung der neuen Gewichtsverteilung zu verkürzen.


Anhang:
A.15.7 As an exception, If the initial distance λ is greater than 2110 mm, a simple
magnetic compass and its mounting may be removed from a position between
1000mm and 2100mm longitudinally from the Hull Datum Point, if the hull and
centerboard (together) are then re-weighed. If the measurer has reasonable
doubt about whether Rule D.9.3 (c) m\y be contravened, he shall require
compliance with A.15.6.