Finn Bermuda Gold Cup – vor 50 Jahren – Fotos und Bericht v. Dr. Egbert Vincke

7.Mai 2013

40 Jahre nach seiner Teilnahme am Bermuda-Gold-Cup öffnet Dr. Egbert Vincke sein privates Fotoalbum und berichtet per Wort und Bild von diesem einmaligen Erlebnis.

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scannn0006zShelly Bay Beach – Relaxen, während Hurrikan „Inga“ wütet.

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Walter Mai, Andreas von Eicken, Willy Kuhweide, Dr.M. Hilpert

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Sail-Art – entstanden während des Hurricans

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Dr. Wolfgang Mares,   H.W. Zachariassen, Willy Kuhweide, Siegfried Ücker,   Uwe Mares,   Jörg Bruder

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Egbert vor seinem Raudaschl-Finn G 966

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Valentin Mankin, Juergen Mier,   Willy Kuhweide,  Juergen Vogler,

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Räumung des Strandes von Shelly Bay Beach, bevor „Inga“ die Bermudas überqueren sollte.

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Egberts Raudaschl-Finn G 966 vor der Räumung des Strandes

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Egbert, mit viel zu hartem Brudermast

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Valentin Mankin,   Thomas Lundquist, Jörg Bruder

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H.W. Zachariassen, Kai Krüger

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Uwe Mares, Biwi Huber

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Achim Türklitz, Hardi Straubinger

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Hubert Raudaschl, Vernon Foster, Andreas von Eicken, Walter Mai

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Thomas Lundquist

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Thomas Lundquist’s weicher Erfolgsmast (Bruder),   den er nicht haben wollte, aber damit Gold-Cup-Sieger wurde.

 

 

 

Final Results Gold Cup 1969

1. Thomas Lundquist S 532 15.0
2. Jörg Bruder BL 3 21.4
3. Peter Barrett US 888 25.7
4. Walter Mai G 991 39.7
5. Peter Conrad US 530 51.7
6. Uwe Mares G 1041 53.7
7. Bret de Thier KZ 133 60.0
8. Andy Zawieja PZ 321 60.7
9. Valentin Mankin SR 36 64.0
10. Willy Kuhweide G 1044 69.0
11. Fritz. Beck H 381 69.0
12. Paul Elvström D 106 70.0
13. G. Aasblom S 521 77.7
14. Guy Liljegren S 554 80.0
15. Phillipe Soria F 374 82.0
16. Börge Sall S 392 87.0
17. Iain Macdonald-Smith K 321 99.0
18. Fabio Albarelli I 433 101.0
19. Andreas von Eicken G 969 104.0
20. Gordy Bowers US 83 104.0
21. Jürgen Mier DDR 3 106.0
22. Hubert Raudaschl OE 110 107.0
23. Arnold von Grünewaldt S 366 114.0
24. Baudouin Binkhorst H 4 119.0
25. E. Shaw SA 182 120.0
26. Hans Joachim Fritze G 711 122.0
27. Vernon Stratton K 334 126.0
28. Bjoern Ribbhagen S 540 129.0
29. Kim Weber L 151 133.0
30. Anthony Herrmann US 225 140.0
31. F. Huber G 1014 144.0
32. A. John Clarke KC 78 150.0
33. B.O. Frimansson S 328 150.0
34. Oleg Shilov SR 4 154.0
35. Bernhard Straubinger G 916 155.0
36. D. R. Kollock US 780 157.0
37. Jonty Farmer KZ 137 161.0
38. Kai Krüger G 1003 165.0
39. P. Kouligas GR 122 166.0
40. Peter Tallberg L 145 175.0
41. S. Golser I 418 176.0
42. Bernt Andersson S 550 182.0
43. Christian Schroeder DDR 8 187.0
44. Miroslav Vejvoda CZ 111 191.0
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FINN-GOLD-CUP 1969

Impressionen von den Bermuda-Inseln
Ausscheidungsregatten in Niendorf und in Travemünde zur Deutschen Meisterschaft verliefen so günstig, daß ich mich für das deutsche, 16 Mann starke Aufgebot qualifizieren konnte.
Eine reizvolle Phantasie verbindet sich mit dieser Inselgruppe – man kennt etwa die geographische Lage, die Bermuda-Shorts, und man glaubt, ja man weiß bereits vorher, daß die Inseln einen fesseln werden. Doch sehen wir uns die Bermudas und ihre Geschichte ein wenig genauer an.
Im frühen 16. Jahrhundert entdeckte Juan Bermudez – ein spanischer Kapi ­tän – die Insel, 1684 wurde sie englische Kolonie, um schließlich nach wechselhaften handels- und kriegspolitischen Jahrzehnten zu den Bermudas unserer Tage als Fremdenverkehrszentrum ersten Ranges zu werden.
So klein das Inselreich mit seinen 57 Quadratkilometern ist, so vielfältig sind seine Schönheiten: weite Sandstrände, wilde Klippen und Riffe, tiefe Buchten mit verschwiegenen Grotten und Forts säumen die Küste; die über viele Inseln verstreuten Siedlungen, deren Geschichte zum Teil bis in die Zeit der Entdeckungen zurückgeht, mit den engen sich dahinschlängelnden Straßen, von buntesten Blumen gesäumt; schließlich das kristallklare Wasser mit seinem Reichtum an exotischen Fischen. Daß es zum Segeln kaum ein ideale ­res Revier gibt, erscheint nur folgerichtig.
Am 27. September war es soweit. Ab Frankfurt flogen wir, d. h. die gesamte europäische Finn-Elite, mit einem schottischen Jet direkt zu den Bermudas. Unser lang ersehntes Ziel erreichten wir gegen 22 h Ortszeit, für uns war es auf Grund des Zeitunterschiedes bereits 3 h nachts. Beim Ausstieg empfing uns eine derart ungewohnte schwüle, feucht-heiße Luft, daß man nur zögernd ausstieg bzw. von den nichtsahnenden neugierig Nachfolgenden heraus ­gedrängeIt wurde. Alle Teilnehmer, selbst die sowjetischen, waren auf Wunsch in Privatquartieren untergebracht; allein der ostdeutsche Verband zog es vor, unter bewährter Aufsicht mit seinen drei Schützlingen in einem nicht gerade billigen Hotel zu wohnen.
Unsere Gasteltern harrten bereits auf die Europäer, und bald fuhr ein jeder per Auto durch die sternklare, feucht-warme und von sonderbarsten Tier ­lauten erfüllte Nacht in der Hoffnung, bald ins Bett zu kommen.
Am nächsten Tag liehen sich alle Finnsegler samt „Bräuten“ für die insgesamt 16 Tage ein Moped. Es ist ohnehin das Hauptverkehrsmittel in Bermuda. Ein kräftiger Sturzhelm und ein dickes Schloß vervollständigte unsere Ausrüstunq. In der Tat sind der Linksverkehr, die vielen rasenden Mopeds und die schma ­len Straßen ein für uns ungewohntes Straßenbild.

Unser erster kleiner Ausflug galt den in Hamiltan – der Hauptstadt – bei einem Transportunternehmen abgestellten, doppelt auf Hängern verladenen Booten, die bereits drei Wochen vorher in Hamburg eingeschifft worden waren. Zu unserer Freude waren die Boote samt Rigg heil geblieben – nur von Achim Türklitz‘ und meinem Schultheiss-Bier hatte man mehrere Dosen „entliehen“.
Die Vermessung der Boote begann erst am nächsten Tag; so konnten wir uns an der Südküste mit ihren emporragenden Felsformationen und versteck ­ten Buchten ausgiebig sonnen und in dem ca. 23 Grad warmem Wasser tol ­len. Der extrem weiche Sand ist rosa getönt, bedingt durch die von der Bran ­dung zermahlenen rosa Muschelschalen.
Angesetzt für die Vermessung waren drei Tage unter der altbewährten und gefürchteten Leitung des Engländers Vernon Forster. So ging jeder der Ver ­messung mit gemischten Gefühlen entgegen und harrte der Entscheidung, ob er nur ein 10-qm-Segelboot oder ein Finn-Dinghi besaß bzw. ob sich ersteres entsprechend verwandeln ließe. An meinem Boot gab es vier uner ­hebliche Beanstandungen – es gab aber Segler, die ihr Deck abnehmen mußten, deren Schwerter geschweißt wurden; da wurde an Masten, Groß ­bäumen und Rümpfen gehobelt, gesägt und Kunststoffschichten aufgelegt; krumme Spieren begradigte man mit über Nacht angehängten Steinen. Uber ­haupt scheint zu einer fortschrittlichen Finn-Ausrüstung neben Hobel und Werkzeug eine Schleifmaschine, Glasmatten mit Leim, ein Schweißgerät, ein Segelmacher und ein erfahrener Bootsbauer zu gehören. Nach vier Tagen war die Prozedur beendet und 135 Seglern wurde bescheinigt, daß ihr Schiff einem Finn-Dinghi entsprach.
Mittlerweile hatte sich der Hurrican „Inga“ etwa 250 Meilen südöstlich der Insel postiert und erfreute uns mit stürmischer Brise. Nicht weniger als fünf der ersten vorgesehenen Regattatage fielen dem stürmischen Treiben „Ingas“ zum Opfer. “ … auch gut“ sagten wir uns, zumal solche Ereignisse für uns gänzlich ungewohnt sind. Schicksalsgetroffen mußten wir nun die Inseln mit unseren Mopeds erkunden, in der 2-3 m hohen Brandung baden und uns oft über 20 m surfend auf den Strand werfen lassen, mit ansehen, wie sich in etwa 500 m Entfernung die atlantischen ca. 5-7 m hohen Weilenformatio ­nen schäumend an den Riffen brachen und wie die Palmen ihre Blätter fast horizontal stellten.
Am vorletzten ausgefallenen Regattatag bemühte sich „Inga“ mit ent ­sprechend höheren Sturmesstärken die Insel im 150-Meilen-Abstand zu pas ­sieren, während sich in Florida zwei neue Hurricane „Jenny“ und „Kero“ entwickelten, eben dem Geburtsort von „Inga“.
Entsprechend vorher waren die schon am Strand liegenden Finns binnen einer Stunde in eine 100 m landeinwärts liegende Mulde getragen, abgeriggt und dicht bei dicht qelagert worden, um schließlich mit langen, stabilen Enden an Mauern, Palmen und eingeschlagenen Pfählen vertäut zu werden. Falls der Hurrican die Insel direkt passiert hätte, wollten wir die Boote durch Auf ­füllen mit Wassser am „Fliegen“ hindern. Als unsere liebgewonnene „Inga“ außer Reichweite war – nur einige umgefallene Bäume und zerstörte Tele ­fondrähte erinnerten an sie -, wurden fix die Boote an den Strand zurück ­getragen. Dieser Strand – Shelly Bay Beach genannt – war der einzige an der Nordseite der Hauptinsel, extra für uns vom öffentlichen Badebetrieb gesperrt und bewacht.
„Ingas“ Nachwehen ebbten auf 6 Windstärken ab – es durfte gesegelt werden. Das Regattarevier lag 3 sm in nordwestlicher Richtung der Insel, in der Peripherie von Korallenriffen umgeben. Bei der während der Regatten vorgefundenen südlichen Windrichtung bestand ablandiger Wind, was dort eine sehr kurze, bis über einen Meter hohe Welle bedingte, während die Windstärke später sich bis 8 steigerte.
Am Start war die Welt-Elite – eine Konkurrenz, gegen die ich noch nie ge ­segelt bin. Allein 35 nationale Meister, Weltmeister und Olympiasieger waren in Bermuda, unter ihnen Altmeister Paul Elvstroem. Für mich verliefen die Regatten nicht so erfolgreich. Bester Berliner wurde Achim Türklitz als 48., vor Jürgen Müller, einem waschechten, sehr sympathischen (Ost-)Berliner also. Ich wurde 80. und Siegfried Ocker 83. Auf Grund meiner letzten „Erkennt ­nisse“ erscheint es vorteilhafter, bei solchen Wind- und Wellenverhältnissen ein flexibles Rigg, d. h. einen weichen, elastischen Mast und Großbaum zu fahren und nicht ein steifes Rigg wie meines zu benutzen – es fährt sich in der Welle fest.
Uberlegen gewonnen wurde der Gold-Cup und damit die Weltmeisterschaft von dem Schweden Thomas Lundquist aus Göteborg vor dem Brasilianer Jörg Bruder und dem Amerikaner Barrett. Walter Mai, unser neuer Finn ­sekretär aus Kiel, belegte den 4. Platz. Weitere interessante Plazierungen:
Uwe Mares 6., Willi Kuhweide 10., Paul Elvstroem 12., Andreas v. Eiken 19., J. Mier 21., H. Raudaschi 22. und Ha]o Fritze 26.
Einmal mehr stellte sich heraus, daß das Rigg das fast allein Entscheidende ist – vom seglerischen Können einmal abgesehen -, und man unbedingt einen Bruder-Mast mit einem Raudaschl-Segel fahren muß (9 der ersten 10 hatten diese Kombination), wobei die Rumpfform nur eine untergeordnete Rolle spielt bzw. Normalverhältnissen entsprechen muß.
Die Wettfahrten waren hervorragend organisiert. Die Startlinie war ca. 700 m lang. Es wurden nur die drei notwendigen Bojen ausgelegt, die mit dahinter vor Anker liegenden Segeljachten immer deutlich markiert waren, beim Zeit ­- und Vorbereitungsschuß gab man an der zu ankreuzenden Tonne farbige Rauchsignale, so daß man über die Windrichtung am Faß, die nicht oft bis zu 40 Grad von der Startlinie abwich, orientiert war. Ein Computer rechnete die Ergebnisse aus, man war laufend über seinen Stand mit und ohne Streichung der schlechtesten Wettfahrt informiert, am Schwarzen Brett wurde jeweils während der Regatta eine Tabelle der ersten Zwanzlg an jeder Tonne veröffentlicht, was nach der Wettfahrt aufschlußreiche Diskussionen ausloste. Wie man sieht, sind die Verhältnisse in Kiel noch entwicklungsfähig.
Während der Regatten und auch vorher hatte man alle Beteiligten fast an jedem zweiten Abend zu Cocktailparties eingeladen, teils bei   Seglern oder in die Yacht-Clubs. Oft hieß es auf den Einladungen kurz: dinner, dancing and swimming. Die unter freiem,   meist sternenklaren Himmel verbrachten Stunden sind uns unvergeßlich geblieben; dazu die freudige südamerikanische Musik mit dem in Bermuda so beliebten Calypso, von dunkelhäutigen, exzel ­lenten Bands gespielt.

Am 13. Oktober neigte sich unser seglerischer Ausflug zu einem vom Golf ­strom umgebenen kleinen Paradies dem Ende. Finanziell erheblich erleichtert flogen wir nach einem unplanmäßigen Stop, einer Notlandung durch einen ausfallenden Motor, erneut in London landend über Frankfurt nach Berlin, dem beginnenden Winter entgegen. Die Ostdeutschen waren über Prag nach Ostberlin geflogen, wo sie erst   zwölf Stunden spater als wir in Tempelhof eintreffen sollten. Selbst wenn wir erst in Frankfurt, wie vorgesehen, gelandet wären –   die ostdeutschen Segler hatten den Weg über London, Prag nach Ostberlin gewählt, entsprechend ihrem Hinflug …. Wir drei (West-)Berliner versäumten jedoch nicht, den Rückflug in standesgemaßer Bermudakleidung anzutreten, d. h. einfarbige Bermudashorts, entsprechende Kniestrümpfe, Krawatte und Jackett. Uber die entgeisterten Gesichter der Leute lachen wir noch heute.
Der nächste Finn Gold-Cup ist 1970 in Portugal. Wie lautet doch das Motto der Bermuda-Inseln im Wappen: „QUO FATA FERUNT“ oder „Wo das Ge ­schick uns hinführt … “

Egbert Vincke