Berliner Vincke trumpfte auf
Die 85. Travemünder Woche ging gestern bei Flaute mit den allgemeinen Regatten zu Ende. In den Olympischen Klassen kamen die Ausländer lediglich zu einem Sieg: Heike Blog (Niederlande) gewann die Solingklasse vor zwei Dänen. Die übrigen Gesamtsieger:
Finn-Dinghy: Egbert Vincke, der der diese Klasse bereits zum dritten Male hintereinander gewann.
Quelle: Lübecker Nachrichten 1974
Nun schon zwei Berliner Segler an der Spitze
Vincke bei den Finn-Dinghies und Twelkmeier bei den Solings vorn.
Quelle: Tageszeitung
Der 33-jährige Berliner Arzt Egbert Vincke wiederholte seinen Erfolg vom Vorjahr und wurde erneut Travemuender-Woche-Sieger bei den Finns. Sein nächstes ziel sind die deutschen Meisterschaften Ende des Monats vor Steinhude.
Quelle: Zeitungsbericht
Travemünder Woche 1974
… verlief glänzend. Sie war eine der sportlich wertvollsten der letzten Jahre. Möge man gnädig mit mir verfahren und dieses Plagiat aus den Lübecker Nachrichten nur als Bestätigung dessen sehen, was wirklich allgemeiner Tenor der Teilnehmer dieser hervorragend or ganisierten Serie war.
‚Was vom letzten Jahr zu lesen war, traf auch heuer- wieder zu. Die Betreuung auf der Bahn und an Land klappte einwandfrei. Im Gegensatz zu Kiel ’74 glich die Rettungsorganisation einem großangelegten (zivil-)Manöver, Ergebnislisten gab es schon z.T. vor Einlaufen der Teilnehmer.
Gerettet werde, wer nicht mehr kann, hieß das Motto am ersten Tag, Sa., d. 27.7. Schon bei der Hafenausfahrt sollen einige vorsichts halber den Lübecker Buchtgrund mit ihrem Mast ausgelotet haben. Immerhin, mehr als 100 aller insgesamt 700 Mannschaften mit 2000 Aktiven verwechselten die Bucht mit dem Maritim’schen Hallensee wasserbad, was natürlich die Frage nach der nötigen seglerischen Qualifikation auf diesem Seerevier aufwarf.
Auch auf der Finnbahn kam es zu einem schier unübersehbaren Chaos. Den ersten Raumschenkel überstanden viele noch, am Dwarsfaß, spätestens kurz danach, zogen etliche die Notwasserungsbremse und sahen im Fluge E. Vincke vom zuvor 5. Platz uneinholbar auf den ersten Platz davonziehen… Bis auf drei ganz wackre Recken, die im aufgewühlten Teich sich offenbar als Hechte wähnten, und noch 600 m vor dem sicher in Führung liegenden E. als deus ex machina aufgetaucht, auf den Vorderplätzen gewertet wurden. Die 3 unbekannten Größen hatten in einem „taktisch klug“ eingeteilten Rennen 1 Runde weniger gesegelt. Erst am übernächsten Tag wurde dies nach lang wierigem Protest amtlich zurückgenommen. Von 48 gestarteten (52 Meldungen) „überlebten“ schließlich 15 .
‚Wer übrigens in Travemünde beabsichtigt, mit dem Schiedsgericht in irgend wie gearteten Kontakt zu treten, muß sich darüber im Klaren sein , daß vor allem in der „‚Weisheit“ des Alters der Schlüssel für moderne Regattarechtsprechung liegt. Manch einer soll da mehr weiß, denn weise herausgekommen sein.
Am zweiten Tag“ wehte es wieder ganz schön“ mit 6 – 7. Die Aus fallquote wurde jedoch geringer. Montag 8 – 9 auf der Piste, holte man Grill, Bier und ‚Wein aus der Kiste, um auf dem Leuchtenfeld zu kokeln. Bei den etlichen Schauern verkroch man sich unter div. Persennige, die über komb. Gerüste aus Schiffen und Großbäumen gehängt wurden. So legte man vielerorts Familientag ein. Trotz „Startbereitschaft“, an ein Segeln war nicht zu denken. Dann Dienstag, wie immer Ruhetag mit schönem Wetter und 4 – 5 BF. Laut ‚Wettfahrtoberausschuß wird das wohl nie anders werden. Dafür wurde dann Mittwoch bei Flaute fleißigst gestartet. Der in Zugzwang stehende ‚Wettfahrtleiter E.J. Schwedler brachte ein nettes Ein Runden-Rennen zustande, bei dem die vor uns startenden 470 iger unter Spi das erste Faß anliefen, — war wohl ein sehr schöner Anblick –, sportlich etwas fragwürdig, da die Luvseite doch zu stark bevorteilt war. Nach einer Runde wurde die angezeigte Kurz bahn nochmals verkürzt — It. sportl. Direktor Becker nicht möglich, im IYRU-Regelbuch dazu allerdings nichts zu lesen –, und ein An lieger ohne Kreuz ins Ziel geschippert. Von einem gewissen Herrn R. Keilbach, ‚Wettfahrtleiter der Bahn „Bravo“ und Olympia WL 1972 hörte man, daß er „grundsätzlich nur unter regulären Bedingungen starte“. Folglich schickte er seine Leute unter deren ausdrück lichem Beifall nach Hause.
Do. wieder das gewohnte Bild: SW 6 – 7. Zwei Wettfahrten (Ersatz für Montag), dazwischen 1 1/2 Stdn. Pause im Boot. Hierbei zeigte sich, daß zwei Wettfahrten bei diesen Bedingungen konditionell viel abverlangten, und sich das Feld stark auseinander zog. In der 6. Wettfahrt lag die Kunst darin, sich im Pulk der 470iger nicht „verladen“ zu lassen, in der 7. am Sa. gab es nochmals eine Nerven probe, mußte man diesmal bei NO 1 – 2 gegen eine starke Strömung ankämpfen. Die Kreuz nahm kein Ende, Raum erlangte man das Leefaß kaum. —
Nach dem Ende einer längeren W- oder SW-Wind-Periode kommt es in der Lübeck/Neustädter-Bucht zu gegenläufigen Strömungsverhältnissen.
International war diese Travemünder Woche in unserer Klasse wohl kaum, doch im Meldeergebnis zeigte sich zum Vorjahr eine Steigerung um 30 %. Damit ist die Kapazität auch der Liegeplätze, vor allem für Jollen, noch nicht erschöpft. Die Anfahrten zu den Bahnen sind angenehmer als in Kiel — weil kürzer und nicht über die Fahrwasser rinne. Obwohl unsere Bahn etwa mit der der Niendorfer identisch ist~ der Weg also entlang der Küste durch die ganze Bucht führt, benötigt man nicht mehr als eine 3/4 Std .. Vom Seglerischen würden viele dieser Bahn der uns zugeteilten Kieler Bahn den Vorzug geben.
Von der Athmosphäre her, dem Drumherum, erscheint es sowieso nicht so hektisch und unpersönlich.
Drei Windwf. konnte E. Vinckefür sich entscheiden, eine der Lokal matador V. Niederhausen, bei Mittelwind konnte sich A. Griese ab setzen, in den Leichtwindwettf. war O. Küster zweimal erfolgreich, während ich mir fünfmal einen dieser Herren jeweils als Lotsen für die Zieleinfahrt engagierte.
Nach 1972 und 1973 stand auch diesmal E. Vincke als Gesamtsieger fest und kann den schönen Dr. ERICH-MENDE-Preis für sich behalten.
Köstlichkeit am Rande: Harald Wefers scheint langsam einen Trave münder-Woche-Komplex entwickelt zu haben. Fünfmal steuerte er solologo am Ziel vorbei (nicht ins Ziel), einmal wurde seine Yacht von W. Mai gechartert und für doch recht langsam befunden. Zumindest bei leichtem Wetter soll jener W. Mai ein paar Wochen später seinen Irrtum eingesehen haben.
Die Preisträger:
1. G 1300 Egbert Vincke 16,9
2. OE 165 Bernd Tschech 24
3. G 1190 Volker Niederhausen 35,9
4. CZ 8 Jiri Outrata 35,9
5. G 1466 Frank Lindemann 48
6. G 935 Ulrich Gerull 52
7. G 1169 Werner Sülberg 52,9
8. G 1441 Siegfried Uecker 55,6
Bernd Tschech